Freitag, 24. Mai 2013

(A + B/C) x D = DER GROßE GATSBY

Carey Mulligan und Leonardo DiCaprio in The Great Gatsby (Luhrmann, AU/USA 2013, Warner Bros.)

Seit gut einer Woche läuft Der Große Gatsby in den deutschen Kinos und ich persönlich bin begeistert. Dieser Film ist so viel mehr als leerer Glitter und Brimborium, er ist auch um einiges mehr als eine bloße Ansammlung leerer Referenzen und Zitate. Und trotzdem ist es ein Spaß, in Der Große Gatsby Ausschau nach Werken der Filmgeschichte zu halten, die hier ihr modernisiertes Revival feiern. Ganz stark reduziert ließe sich das neue Werk von Baz Luhrmann vielleicht auf folgende Formel bringen: (A + B/C) x D = Der Große Gatsby.


A = Die Menge von King Vidor

James Murray und Eleanor Boardman in The Crowd (King Vidor, USA 1928, MGM)
Tobey McGuire, Leonardo DiCaprio, Carey Mulligan & Joel Edgerton in The Great Gatsby (Luhrmann, AU/USA 2013, Warner Bros.)
The Crowd ist ein wunderbarer Stummfilm von King Vidor, entstanden 1928 und angesiedelt in New York City, woraus sich schon in Setting und Ausstattung die ersten Parallelen automatisch ergeben. Berühmt wurde der Film unter anderem für eine damals geradezu spektakuläre Kamerafahrt am Empire State Building hinauf. Zu Beginn von Der Große Gatsby fährt die Kamera am Gebäude hinab - was nicht weniger spektakulär anmutet. Und dann sind da natürlich noch die Aufnahmen der Menschenmassen in den Straßen, der anonymen Großraumbüros voller Arbeiter einer im Entstehen begriffenen Gesellschaft. Der Große Gatsby verwandelt diese Aufbruchsstimmung und die gleichzeitig dunklen Vorzeichen in ganz ähnliche Bilder.

Szene aus The Crowd (King Vidor, USA 1928, MGM)

Tobey McGuire in The Great Gatsby (Luhrmann, AU/USA 2013, Warner Bros.)
Szene aus The Crowd (King Vidor, USA 1928, MGM)
Tobey McGuire in The Great Gatsby (Luhrmann, AU/USA 2013, Warner Bros.)
B = Footlight Parade von Lloyd Bacon (Busby Berkeley)

Die Filme von Busby Berkeley waren stets perfekt durchchoreografiert, makellos symmetrisch und eine reine, leicht sexistische Augenweide. Der Große Gatsby ist so nicht. Trotzdem erinnern die kostümierten und dekorierten Tanzparties, der theatrale Raumaufbau und die glitzernden Show Acts nicht selten an Musicals à la Footlight Parade.

Szene aus Footlight Parade (Bacon, USA 1933, Warner Bros.)

Szene aus The Great Gatsby (Luhrmann, AU/USA 2013, Warner Bros.)


C = William Shakespeare's Romeo + Juliet von Baz Luhrmann

Ja klar, da sind einerseits natürlich die offensichtlichen Parallelen: gleicher Regisseur, Leonardo DiCaprio als Hauptfigur. Aber natürlich finden sich diese Übereinstimmungen auch im Stil beider Filme wieder. Allein die Parties im Hause Gatsby erinnern an den dekadenten Maskenball im Hause Capulet, die Kamerafahrten und die quietschbunte Farbpalette nehmen sich ebenfalls nicht viel.

Claire Danes und Leonardo DiCaprio in Romeo + Juliet (Luhrmann, USA 1996, 20th Century Fox)

Szene aus The Great Gatsby (Luhrmann, AU/USA 2013, Warner Bros.)
D = Marie Antoinette von Sofia Coppola

Filme wie Der Große Gatsby müssen immer wieder mit diesem Vorurteil kämpfen: sie seien letztlich nichts als heiße Luft, leerer Pomp, substanzlos, pure Oberfläche. Kaum eine Regisseurin kennt diesen Vorwurf besser als Sofia Coppola. Als sie 2006 Marie Antoinette in die Kinos brachte, gab es eine Menge Aufregung um fehlende historische Akkuratesse und die exzessive Darstellung von Parties und Konsumorgien. Dabei war doch genau das eine bewusste Entscheidung: wer die eigentliche Leere dieses dekadenten Lebensstils thematisieren will, der hat auch jedes Recht, sie als solche zu zeigen.

Kirsten Dunst in Marie Antoinette (Coppola, USA/JP/FR 2006, Sony Pictures Home Entertainment)

Carey Mulligan in The Great Gatsby (Luhrmann, AU/USA 2013, Warner Bros.)

Kisten Dunst in Marie Antoinette (Coppola, USA/JP/FR 2006, Sony Pictures Home Entertainment)

Szene aus The Great Gatsby (Luhrmann, AU/USA 2013, Warner Bros.)
All diese verschiedenen Elemente, Aspekte der Inszenierung, Themen und Motive vereinen sich in Der Große Gatsby und machen den Film zu einem echten Erlebnis, das - wenn auch in 2D um einiges empfehlenswerter als in 3D - alle Sinne anspricht. Achtet mal darauf, ob ihr die Formel wiederentdeckt:


(A + B/C) x D = Der Große Gatsby

Leonardo DiCaprio in The Great Gatsby (Luhrmann, AU/USA 2013, Warner Bros.)

1 Kommentar:

  1. Volle Zustimmung und noch ein Grund mehr für mich, endlich Marie Antoinette anzuschauen!

    AntwortenLöschen