Freitag, 15. Februar 2013

BERLINALE 2013: WILL YOU STILL LOVE ME TOMORROW?

Richie Jen und Mavis Fan in Will you still love me tomorrow? (Chen, Tw 2013, Media Asia Film Distribution)

"Happy Valentine's Day", wünschte uns Chen Arvin, und dann begann ein Film, der zu keinem anderen Tag besser gepasst hätte. Will you still love me tomorrow? - eine Liebesgeschichte ohne klassische Liebesgeschichte. Und dennoch steckt so viel Liebe in der Geschichte. Liebe auf verschiedensten Ebenen, Liebe in der Umsetzung. Ganz, ganz viel Liebe.

Weichung (Richie Jen) arbeitet in einem Brillenladen, obwohl er keine Brille braucht, und ist verheiratet, obwohl er seine Frau Feng (Mavis Fan) nicht auf die Art und Weise liebt, wie er sie gern lieben würde. Er hat sich damit arrangiert, doch dann taucht ein alter Freund auf und überredet ihn, das schwule Leben wieder aufzunehmen, dass für ihn eigentlich längst zur Vergangenheit gehört. Zögernd beginnt er ein Verhältnis mit einem Flugbegleiter, und während er sich noch um seinen kleinen Sohn und die Ehefrau sorgt, merkt er gar nicht, wie sich Feng zu einer unabhängigen Frau entwickelt.

Richie Jen in Will you still love me tomorrow? (Chen, Tw 2013, Media Asia Film Distribution)
Manche Familienmitglieder haben dieses Talent, immer dann aufzutauchen, wenn es gerade gar nicht passt. Für Weichung ist das die Rolle seiner Schwester Mandy (Kimi Hsia), die sich soeben mit dem fürchterlich vertrottelten San-San (Stone) verlobt hat. Leider ist sie nur so gar nicht davon überzeugt, dass sie sich wirklich für alle Zeiten an diesen Mann binden will, und lässt ihn kurzerhand im Supermarkt stehen. 

Kimi Hsia und San-San Stone in Will you still love me tomorrow? (Chen, Tw 2013, Media Asia Film Distribution)
"It's a silly story", gibt Chen Arvin unumwunden zu, denn "when it comes to love, we are all idiots." So macht sich auch San-San zum Idioten, denn um seine Traumfrau zurückzugewinnen, lässt er kein Klischee aus. Mandy imaginiert sich unterdessen einen Serienstar herbei, der das Geschehen mit scharfsinniger Ironie kommentiert: "It's even worse than in my soap opera!" Immer wieder fließen in Will you still love me? absurde Realität und selbstverständlich wirkende Phantastereien ineinander, unterlegt von einem nostalgischen Score, der an kitschige Hollywood-Musicals der 50er Jahre denken lässt. Es ist ein großer Spaß.

San-San Stone in Will you still love me tomorrow? (Chen, Tw 2013, Media Asia Film Distribution)
In Taiwan sei es, ganz anders als im Westen üblich, ein schwules Leben offen auszuleben - sich allerdings niemals vor den eigenen Eltern zu outen, erklärt Chen. Sein Film spielt mit Schwulenklischees, zeigt extrovertierte, top-gestylte Männer und lässt einige Szenen in einer pink ausgeleuchteten Gay-Bar spielen. Sein Humor wirkt dabei allerdings niemals abgedroschen oder gar zynisch, er macht sich nicht über seine Figuren lustig. Vielmehr behandelt er sie mit Respekt, aber eben auch einem Augenzwinkern.

Lawrence Ko und San-San Stone in Will you still love me tomorrow? (Chen, Tw 2013, Media Asia Film Distribution)
Respekt ist auch ein gutes Stichwort in Bezug auf Feng, die nach 104 Minuten Laufzeit eine völlig neue Person geworden ist. Von der blassen Mutter zur selbstbestimmten Frau, die ihr Leben mutig in die Hand nimmt und im Alleingang eine weitreichende Entscheidung trifft. Eine Entscheidung, zu der man ihr nur gratulieren kann. Will you still love me tomorrow? zeigt nicht nur unterschiedliche Lebenswege, der Film feiert sie auch. Mit einem Regen aus Blütenblättern.

Mavis Fan und Richie Jen in Will you still love me tomorrow? (Chen, Tw 2013, Media Asia Film Distribution)

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