Freitag, 8. Februar 2013

DIE TRAILER-PEST

Nein, hier geht es nicht um die seit Inception eingebürgerte Angewohnheit, in Trailern Schwarzblenden, untermalt von einem akustischen Wumms, zu verwenden - das ist ein anderes Thema. Bei der Akustik sind wir allerdings schon auf dem richtigen Weg.

Im Spätsommer 2011 sah ich zum ersten Mal den Trailer zum modernen Stummfilm The Artist, und war nicht nur von Idee und Bildern hingerissen, sondern auch von der Musikauswahl. Eine kurze Recherche führte mich auf die Fährte des Films The Life of David Gale, aus dessen Soundtrack das episch anmutende Instrumentalstück aus der zweiten Hälfte des Artist-Trailers stammte. So weit, so gut.



Ein wenig später erschienen die ersten Anheizer zum Thatcher-Biopic The Iron Lady, die meine volle Aufmerksamkeit erhielten, denn schließlich spielte die sensationelle Meryl Streep die Hauptrolle. Ein wenig irritiert war ich dann schon, als ich in dem Trailer ein zweites Mal in dieser Saison das selbe Stück hörte, die Musik aus The Life of David Gale. Nun gut, nach kurzer Verwunderung hakte ich die Geschichte ab.



Es dauerte nicht lange, da ereilte mich das Phänomen erneut. Diesmal waren es die parallel erscheinenden Trailer zu Anna Karenina und Ludwig II, die das zwischen zerbrechlich, verspielt und episch changierende Stück Nero von Two Steps From Hell um die Bilder wanden. So schön das auch war - an dem Punkt begann ich mich zu ärgern. Passende Popmusik oder Soundtracks älterer Filme in Trailern verwenden - überhaupt kein Problem. Die konservenartige Mehrfachverwertung von Musik spricht aber für nichts weiter als mangelnde Ambitionen.



Musik ist als bewusst eingesetztes Stilmittel ein entscheidender Bestandteil von Filmen. Sie kreiert Stimmungen, unterstreicht Atmosphären, gewährt Einblicke in das Innenleben der Figuren, kann aber auch gewollt irritieren oder sogar stören. Nicht umsonst gehen Tag um Tag tausende Soundtracks über die analogen und digitalen Ladentheken, schließlich spricht Musik unsere ureigensten Emotionen an. Manche Soundtracks haben sich so sehr in das kollektive Gedächtnis eingebrannt, dass nach anderthalb Takten sofort alles klar ist.

Der Trailer ist eine Kunstform, wenn natürlich eine extrem kommerzialisierte. Vereinfacht gesagt, soll er ein Produkt bewerben. Tatsächlich ist seine Aufgabe aber weit komplexer: er soll Erwartungen heraufbeschwören, Neugier wecken und gleichzeitig vorläufig befriedigen ohne dabei zu viel zu verraten. Ohne den Ton sähe er dabei alt aus. Eine überlegte Musikauswahl kann dafür doch wohl nicht zuviel verlangt sein, oder?



Alles Quatsch? Soviel können die paar Sekunden Hintergrundmusik in einem Werbefilm gar nicht bewirken? Doch. Die Ankündigungen des Films Flight mit Denzel Washington in der Rolle eines alkoholkranken Piloten hatte mich nie großartig interessiert. Dann kam der Trailer, und zu Beginn war ich mir noch sicher: nein, das ist einfach so gar nicht mein Genre. Und dann - Bäm - kam der beste Stones-Song aller Zeiten rein: Gimme Shelter. Ich will diesen Film sehen!

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